12 Monate, 12 Resolutionen: Definition der Ursprungsbezeichnung

07 Jun 2024

Die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der OIV werden in diesem Monat fortgesetzt. Im Mittelpunkt steht dabei die Definition der Ursprungsbezeichnung – eine grundlegende Resolution, die erstmals 1947 verabschiedet wurde und auch heute noch im Einklang mit internationalen Abkommen von großer Bedeutung ist.

Die wachsende Bedeutung des Schutzes des geographischen Ursprungs

 

Der Weinsektor war im 19. Jahrhundert mit einer Welle von Betrügereien konfrontiert, die zur Ausarbeitung der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums[1] führte. Diese Übereinkunft, die ursprünglich am 20. März 1883 unterzeichnet und regelmäßig aktualisiert wurde, begründete das internationale Recht des gewerblichen Eigentums, einschließlich des Schutzes von Ursprungsbezeichnungen[2].

Im Jahr 1908 wurde auf dem „Internationalen Kongress zur Bekämpfung von Lebensmittel- und Arzneimittelbetrug“ die Definition von Wein durch einen Hinweis auf die geographische Herkunft ergänzt: „Der einzige Wein, der den Namen eines Cru, eines Landes oder einer Region tragen darf, ist derjenige, der ausschließlich von dort stammt“.[3]

 

Im Laufe der Jahre bildete sich ein Konsens heraus, und auf der Pariser Konferenz von 1923 wurde die Bedeutung der Betrugsbekämpfung hervorgehoben.[4] Mit der Gründung des Internationalen Weinamts (Office International du Vin, OIV) im Jahr 1924 wurde dieser Kampf konkretisiert, indem der Organisation die Aufgabe übertragen wurde, die Ursprungsbezeichnung gemäß der Vereinbarung vom 29. November 1924 zu definieren.[5]

 

Die erste Definition

 

Im Jahr 1947 verabschiedete das Weinamt mit der Resolution AG 1/47-ECO seine erste Definition einer Ursprungsbezeichnung. In dieser Definition wurde festgelegt, dass eine Ursprungsbezeichnung die folgenden Kriterien erfüllen muss[6]:

  • Sie muss durch überliefertes Brauchtum und anerkanntes Kulturgut begründet sein.

  • Die Anerkennung als Kulturgut ist durch natürliche Faktoren wie Klima, Bodenbeschaffenheit und Rebsorten bestimmt und ermöglicht die Abgrenzung eines Anbaugebiets.

  • Die Anerkennung als Kulturgut wird zudem durch menschliche Faktoren wie Anbaumethoden, Weinbereitung und Destillation bestimmt.

Die Organisation hat 1979 auch eine Definition der geographischen Angaben[7] verabschiedet.

 

Gewährung internationalen Schutzes

 

Diese Resolution wäre jedoch nur dann wirksam, wenn die nationalen Gesetze sie umsetzen und internationalen Schutz gewähren würden.[8] Seit der Gründung des Weinamts hat Pierre Railhac, Doktor der Rechtswissenschaften und Rechtsanwalt am Berufungsgericht von Montpellier, die Notwendigkeit betont, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um den Ursprung zu garantieren.[9]

 

Auf der Grundlage dieser Definition hat die Organisation verschiedene Resolutionen verabschiedet, um den Schutz der Ursprungsbezeichnungen zu verbessern. Es ist wichtig, dass die Ursprungsbezeichnung als Eigentumsrecht[10] betrachtet wird und nicht stattdessen zu einer Gattungsbezeichnung und somit zu Gemeingut[11] wird. Sie muss außerdem durch eine geeignete Definition vor gleichlautenden Bezeichnungen geschützt werden[12] und darf keine Verweise auf einen anderen Ort oder auf Wörter verwenden, die sich auf eine andere Ursprungsbezeichnung beziehen.[13]

 

Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat die Organisation eines der in ihrem Gründungstext festgelegten Ziele eingehalten: den Schutz der Ursprungsbezeichnungen[14]. In der Folge wurde man bei internationalen Abkommen auf die Bedeutung dieses Schutzes aufmerksam und verabschiedete Bestimmungen zu den Ursprungsbezeichnungen, wie z. B. bei der WTO[15] und der WIPO[16].

 

Angesichts dieser von zahlreichen Ländern anerkannten internationalen Definitionen hat sich die OIV diesem Trend zum internationalen Schutz angeschlossen und ihre Definition der Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben aktualisiert[17]. Im Jahr 2021 bekräftigt diese Resolution die 1947 aufgestellten Kriterien, insbesondere die menschlichen und natürlichen Faktoren, die Anerkennung durch überliefertes Brauchtum und anerkanntes Kulturgut sowie die Abgrenzung der geographischen Gebiete für die Ursprungsbezeichnungen in Übereinstimmung mit den international anerkannten Normen.

 

 

[1] Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, revidiert am 14. Dezember 1900 in Brüssel, am 2. Juni 1911 in Washington, am 6. November 1925 in Den Haag, am 2. Juni 1934 in London, am 31. Oktober 1958 in Lissabon und am 14. Juli 1967 in Stockholm, zuletzt geändert am 28. September 1979.

[2] Artikel 1.2) der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883

[3] Congrès international pour la répression des fraudes alimentaires et pharmaceutiques, Genève 8-12 septembre 1908, Société Universelle de la Croix Blanche, Actes, S. 62–66, https://archive.org/details/b28098845

[4] P. Railhac, L’Office international du vin, 1928, S. 92

[5] Y. Juban, L’Office international de la vigne et du vin et sa doctrine au travers de ses résolutions, Faculté de droit et de science politique d’Aix-Marseille,1987, S. 46.

[6] AG 1/47-ECO, Définition de l’appellation d’origine

[7] C 8/79-ECO, Protection des indications géographiques

[8] P. Railhac, L’Office international du vin, 1928, S. 92

[9] P. Railhac, L’Office international du vin, 1928, S. 94, 96, 97

[10] AG 3/46-ECO, Politique de la qualité du vin, de son authenticité jusqu’à sa vente au consommateur et de la protection des appellations d’origine – Notion d’appellation d’origine

[11] C 8/79-ECO, Protection des indications géographiques

[12] ECO 3/99, AOR/IGR und gleichlautende Bezeichnungen

[13] AG 7/81-ECO, Appellation d’origine et indication de provenance : Application pratique

[14] Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein, Artikel 2.2.c) (ii)

[15] Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS – Anhang 1c, Teil II, Abschnitt 3, Artikel 22, 1) des Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation (1994)

[16] Genfer Akte des Lissabonner Abkommens, Artikel 2 (1) (ii), 2015

[17] OIV-ECO 656-2021: Aktualisierung der Definition der geographischen Angabe und der Ursprungsbezeichnung