OIV-Protokoll zur Sortenidentifizierung

Status: In Kraft

OIV-Protokoll zur Sortenidentifizierung

RESOLUTION OIV-VITI 609-2019

OIV-PROTOKOLL ZUR SORTENIDENTIFIZIERUNG

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

AUF VORSCHLAG der Kommission I „Weinbau“,

GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz 2 b i) und c iii) des Übereinkommens vom 3. April 2001 zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein und die Ziffern 2.b.i und 2.d.iii des Strategieplans 2015-2019 der OIV, denen zufolge die verschiedenen Kategorien von Weinbauerzeugnissen festgelegt werden sollen und ein Minimalprotokoll zur Sortenidentifizierung erstellt werden sollte,

GESTÜTZT auf die Veröffentlichung der OIV aus dem Jahr 1996 mit dem Titel „Internationale Liste der Rebsortennamen und ihrer Synonyme“, die auf der Grundlage der Arbeiten der Sachverständigengruppe „Rebenzüchtung“ und der Sachverständigengruppe „Regulierung und Qualitätskontrolle“ erstellt wurde, sind sowohl Sortennamen zusammengestellt als auch Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Bezeichnungen der in den verschiedenen Ländern verwendeten Reben geschaffen worden, um bei der Identifizierung von Rebsorten mehr Klarheit zu erlangen,

IN ERWÄGUNG, dass der Markt für Wein, Tafeltrauben und Vermehrungsgut eine korrekte Bewertung der Sortenechtheit benötigt, da lokal verschiedene Synonyme verwendet werden,

GESTÜTZT auf die zweite Ausgabe der „OIV-Deskriptorenliste für Rebsorten und Vitis-Arten“ von 2007, die die Merkmale zur Beschreibung von Vitis-Sorten oder Vitis-Arten festlegt und in der Deskriptoren für Rebsorten von der OIV in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) und Bioversity International (früher IPGRI) überarbeitet wurden,   

GESTÜTZT auf die „Beschreibung von Rebsorten weltweit“, die von der OIV 2009 auf der Grundlage der OIV-Deskriptorenliste für Rebsorten und Vitis-Arten veröffentlicht wurde, und auf die Resolution OIV-VITI 467-2012, in der die Deskriptoren in Hauptmerkmale und zusätzliche Merkmale unterteilt werden,  

IN ERWÄGUNG, dass praktische Erfahrungen zeigten, dass eine geringere Anzahl von Merkmalen für die Unterscheidung und Identifizierung von Sorten ausreichend ist, und dass im europäischen Projekt GrapeGen06 zu diesem Zweck eine Liste mit 48 OIV-Merkmalen angenommen wurde,

IN ERWÄGUNG, dass UPOV-Richtlinien (TG/50/9) zur Durchführung von Prüfungen auf Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit von Rebsorten angewendet werden, 

IN ERWÄGUNG, dass in vielen Ländern verschiedene Protokolle zur Unterscheidung und Identifizierung von Rebsorten angewendet werden, und dass eine Harmonisierung dieser Protokolle erlangt werden sollte,

IN ERWÄGUNG, dass die Beschreibung einer Sorte deren Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit in Bezug auf alle anderen Rebsorten berücksichtigen sollte,

IN ERWÄGUNG, dass aufgrund allgemeiner Erfahrung die Beschreibung einer Sorte sowohl durch ihre ampelographischen Merkmale als auch durch Analyse der nukleären DNA mit SSR-Markern ratsam ist, 

IN ANBETRACHT der Zuverlässigkeit von DNA-Testverfahren und der von GENRES bei der Kodierung des Genotyps der Rebe erzielten Ergebnisse, 

GESTÜTZT auf die Ergebnisse des Erhebungsbogens der OIV, der den Mitgliedstaaten 2014 und 2015 zum Protokoll zur Sortenidentifizierung in den jeweiligen Ländern zugestellt wurde,

IN ERWÄGUNG, dass die Passportdaten des „Vitis International Variety Catalogue“ (VIVC) ein nützliches Instrument zur Verbindung und Standardisierung der Sortenbeschreibungen darstellen können, 

BESCHLIESST, Mindestkriterien für die Erstellung eines neuen OIV-Protokolls zur Identifizierung von Rebsorten festzulegen. 

BESCHLIESST, die SSR-Marker VVMD32, VVMD25 und VVMD28 und die entsprechenden Codes in die OIV-Deskriptorenliste für Rebsorten und Vitis-Arten aufzunehmen.

RESOLUTION OIV-VITI 609-2019

OIV-PROTOKOLL ZUR SORTENIDENTIFIZIERUNG

1. Gegenstand des Protokolls

2. Erforderliche Angaben für die Sortenidentifizierung

3. Zu berücksichtigende Merkmale

4. Berichtsergebnisse

5. Kriterien für die Bezeichnung einer neuen Sorte

6. ANHÄNGE – OIV-Datenblatt mit minimalen Merkmalen für die Sortenidentifizierung

1.      Gegenstand des Protokolls

Ziel der Resolution ist es, die internationalen Kriterien für die Identifizierung von Rebsorten zu harmonisieren. Diese Kriterien sollten für die offizielle Anerkennung und Eintragung einer Sorte berücksichtigt werden.

Das OIV-Protokoll kann ebenfalls bei der Überprüfung früherer Sortennamen und der Überarbeitung oder Änderung der Bezeichnung angewendet werden. Das Protokoll beschreibt die technischen Verfahren, die zur Identifizierung von Rebsorten (Vitis L.) vorgeschlagen werden und legt minimale Richtlinien für ampelographische und genetische Merkmale auf der Grundlage der zweiten Ausgabe der „OIV-Deskriptorenliste für Rebsorten und Vits-Arten“ und der Ergebnisse der europäischen Projekte GENRES081 und GrapeGen06 fest. 

2.      Erforderliche Angaben für die Sortenidentifizierung

Die für die Identifizierung einer Sorte erforderlichen Angaben umfassen:

  • Ursprung der Sorte:
    • Spontan
    • durch kontrollierte Kreuzung
    • gentechnisch veränderte Organismen
  • ggf. der Züchter
  • der Erhaltungszüchter
  • angemeldetes Patent oder angemeldeter Sortenschutz im Falle von Züchterrechten
  • Produktionszweck (Wein, Tafeltrauben, getrocknete Trauben, Unterlagen, sonstige Verwendung)
  • Ort der Erhaltung durch den Erhaltungszüchter
  • die wichtigsten ursprünglichen Sortenmerkmale
  • ampelographische und genotypische Charakterisierung
  • Vorläufiger Identifizierungscode oder Name der vorgeschlagenen neuen Sorte.

3.      Zu berücksichtigende Merkmale

Ampelographische Beschreibungen sollten im Wesentlichen den Leitlinien der zweiten Ausgabe der „OIV-Deskriptorenliste für Rebsorten und Vits-Arten“ oder zumindest der in der Resolution OIV-VITI 467-2012 vorgesehenen kürzeren Deskriptorenliste (siehe Anhang, Tabelle 1) entsprechen, die entsprechend angepasst und erweitert wird. Sofern angemessen, sollte auf die Merkmale der Resistenz oder Anfälligkeit gegenüber ungünstigen Bedingungen oder Schadorganismen hingewiesen werden.   

Die Erstellung des genetischen Profils sollte erfolgen, indem zumindest die 9 im Anhang in Tabelle 2 angeführten Referenz-SSR-Marker verwendet werden, so dass umweltunabhängige Parameter zum Vergleich bereitgestellt werden.

Sortenbeschreibungen, die nach den UPOV[1] -Richtlinien oder der von GrapeGen06 vorgeschlagenen Liste beurteilt wurden, werden ebenfalls akzeptiert.

4.      Berichtsergebnisse

Bei der Vorlage und Beschreibung der Ergebnisse müssen zumindest die in den vorstehenden Artikeln genannten Informationen berücksichtigt werden. Nach Zusammenstellung der Informationen und Anordnung der Beschreibung durch die zuständige Stelle legt der Züchter diese Beschreibung zwecks offizieller Anerkennung der Sorte vor.

5.      Kriterien für die Bezeichnung einer neuen Sorte

Bei neuen Sorten ist es notwendig, die Verwendung von Namen zu vermeiden, die zu einer möglichen Verwechslung mit dem Namen anderer bestehender Sorten führen können, insbesondere wenn diese bereits im Rahmen der amtlich zugelassenen Kennzeichnung bestehender kommerzieller Erzeugnisse verwendet werden.

Darüber hinaus sollten Namen, die geographische Angaben enthalten, vermieden werden, um Verwechslungen mit geschützten geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen zu vermeiden.

6.      ANHÄNGE – OIV-Datenblatt mit minimalen Merkmalen für die Sortenidentifizierung

Tabelle 1: MINIMALE LISTE DER AMPELOGRAPHISCHEN MERKMALE

BEOBACHTETER PFLANZENTEIL

MERKMAL

OIV-CODE

Junger Trieb

Öffnung der Triebspitze

001

Junger Trieb

Intensität der Anthocyanfärbung der Wollbehaarung an der Triebspitze

003

Junger Trieb

Dichte der Wollbehaarung an der Triebspitze

004

Trieb

Haltung (vor dem Heften)

006

Trieb

Farbe der Rückenseite der Internodien

007

Trieb

Farbe der Bauchseite der Internodien

008

Trieb

Anzahl aufeinander folgender Ranken

016

Junges Blatt

Farbe der Oberseite der Spreite (4. Blatt)

051

Junges Blatt

Dichte der Wollbehaarung zwischen den Hauptadern auf der Unterseite der Spreite (4. Blatt)

053

Ausgewachsenes Blatt

Form der Spreite

067

Ausgewachsenes Blatt

Anzahl der Lappen

068

Ausgewachsenes Blatt

Bereich der Anthocyanfärbung der Hauptnerven auf der Oberseite der Spreite

070

Ausgewachsenes Blatt

Blasigkeit der Oberseite der Spreite

075

Ausgewachsenes Blatt

Form der Zähne

076

Ausgewachsenes Blatt

Grad der Stielbuchtöffnung / Überlappung

079

Ausgewachsenes Blatt

Form der Stielbuchtbasis

080

Ausgewachsenes Blatt

Zähne in der Stielbucht

081-1

Ausgewachsenes Blatt

Stielbuchtbasis durch Ader begrenzt

081-2

Ausgewachsenes Blatt

Zähne in den oberen Seitenbuchten

083-2

Ausgewachsenes Blatt

Dichte der Wollbehaarung zwischen den Hauptadern auf der Unterseite der Spreite

084

Ausgewachsenes Blatt

Dichte der Borstenbehaarung der Hauptadern auf der Unterseite der Spreite

087

Ausgewachsenes Blatt

Tiefe der oberen Seitenbuchten

094

Blüte

Geschlechtsorgane

151

Traube

Länge (ohne Traubenstiel)

202

Traube

Dichte

204

Traube

Länge des Stiels der Haupttraube

206

Traube

Form

208

Traube

Anzahl der Flügel der Haupttraube

209

Traube

Gewicht der Einzeltrauben

502

Beere

Breite

221

Beere

Form

223

Beere

Hautfarbe

225

Beere

Intensität der Anthocyanfärbung des Fruchtfleisches

231

Beere

Festigkeit des Fruchtfleisches

235

Beere

Besonderer Geschmack

236

Beere

Ausbildung von Samen

241

Beere

Einzelbeerengewicht

503

Reben

Zeitpunkt des Knospenaufbruchs

301

Reben

Zeitpunkt des Beginns der Beerenreife (Veraison)

303

Tabelle 2

SSR-Marker

OIV-CODE

VVS2

801

VVMD5

802

VVMD7

803

VVMD27

804

VrZAG62

805

VrZAG79

806

VVMD32

807

VVMD25

608

VVMD28

809


[1] Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen