Monographie über tiefenfilterschichten

Status: In Kraft

Monographie über tiefenfilterschichten

RESOLUTION OIV-OENO 629-2021

MONOGRAPHIE ÜBER TIEFENFILTERSCHICHTEN

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz 2 b) ii des Gründungsübereinkommens vom 3. April 2001 der Internationalen Organisation für Rebe und Wein,

GESTÜTZT auf die Arbeiten der Sachverständigengruppe „Spezifikationen önologischer Erzeugnisse“,

GESTÜTZT auf die Stellungnahme der Sachverständigengruppe „Lebensmittelsicherheit“,

GESTÜTZT auf die 2016 verabschiedete Resolution OIV-OENO 444-2016 „Behandlung von Weinen unter Verwendung von Filterplatten mit selektiven Zeolith Y-Faujasiten zur Adsorption von Chloranisolen“, mit dem Ziel, den Gehalt an Chloranisolen, die Geruchsbeeinträchtigungen in Weinen verursachen, durch die Verwendung von Filterplatten mit Zeolith Y-Faujasiten bei der Filtration bis unter die sensorische Wahrnehmungsgrenze zu reduzieren,  

BESCHLIESST, den Internationalen Önologischen Kodex durch die folgende Monographie zu ergänzen:

TIEFENFILTERSCHICHTEN

1.      ZIEL, URSPRUNG UND ANWENDUNGSBEREICH

Tiefenfilterschichten gehören zur Familie der porösen Filtermaterialien. Sie bestehen aus organischen und/oder anorganischen Materialien und werden in der Regel für die Klärung und/oder die mikrobiologische Stabilisierung von Flüssigkeiten verwendet. Ihre geometrische Form ist spezifisch für die von den Herstellern definierten Filtrationssysteme.

2.      PRINZIP

Die Filtration mit Tiefenfilterschichten ist ein physikalischer Trennprozess, der zur Abscheidung von Partikeln im Bereich von 0,1 bis 40 μm mit Rückhaltung von Bakterien, Hefen, andere Mikroorganismen und Partikeln eingesetzt wird. Die Rückhaltung der Partikel beruht auf einem Abscheidungs- und Adsorptionsprozess in den Tiefenfilterschichten und in geringerem Maße auf einem Siebprozess an der Außenoberfläche, wenn die Flüssigkeit unter Wirkung eines Druckgefälles durch die Tiefenfilterschichten geleitet wird. Tiefenfilterschichten zeichnen sich durch ihre Permeabilität und Rückhalterate aus und ermöglichen somit unterschiedliche Filtrationsarten (Grobfiltration, Klärfiltration, Sterilfiltration).

Die Filtrationsbehandlung von Mosten und Weinen ist im Internationalen Önologischen Kodex beschrieben.

Die Filtration mit Tiefenfilterschichten wird mit einem Filtergerät und/oder Modulgehäusen und einer Förderpumpe durchgeführt. In der Regel ist der Filtrationsvorgang beendet, wenn ein Differenzdruck von 300 kPa (3 bar) erreicht ist. Aus Gründen der Filtrationsleistung sollte ein Differenzdruck von 150 kPa (1,5 bar) bei Anwendungen zur Abtrennung von Mikroorganismen nicht überschritten werden, und es sollten konstante Fließbedingungen vorliegen.

3.      ZUSAMMENSETZUNG

Tiefenfilterschichten werden aus ausgewählten Rohstoffen wie z. B. gereinigten und gebleichten fein fibrillierten Cellulosefasern aus Laub- und Nadelhölzern, verschiedenen Mengen an anorganischen und organischen Filterhilfsmitteln wie Kieselerde, Perlit, Zeolith, Silikat, PVPP, synthetischer Zellstoff, Aktivkohle und/oder weiteren bei der OIV gelisteten Verbindungen hergestellt. Polyamidoaminpolymere werden als Nassverfestigungsmittel zur Verbesserung der Zugfestigkeit sowohl im nassen als auch im trockenen Zustand verwendet. Die Cellulosefasern sind über kovalente Bindungen vernetzt, die bei Benetzung nicht brechen. Die Menge an Nassvegemärfestigungsmittel darf 4 % der Trockenfaser im Endprodukt nicht überschreiten. Die wichtigsten Bestandteile und ihre Monographien sind im Internationalen Önologischen Kodex der OIV angeführt. Die verwendeten Nassverfestigungsmittel sind für den Einsatz in Heiß- und Kaltwasserfilterpapieren zugelassen[1]

4.      KENNZEICHNUNG

Die wichtigsten Produkteigenschaften wie Filterklasse, Größe und Chargennummer sind auf dem Etikett anzugeben.

5.      HERSTELLUNG

Eine Aufschwemmung der oben genannten Bestandteile wird vakuumentwässert und dann im Ofen getrocknet. 

Durch eine Reihe von Verfahren (Verfeinerung, Mahlen und Fibrillierung von Cellulose) und die Zusammensetzung verschiedener anorganischer Filterhilfsmittel werden verschiedene Durchlässigkeiten und Rückhalteraten (0,1 - 40 m) erzielt. 

Die endgültigen Eigenschaften (Dicke, Porosität, Porengröße, Flussrate, Reduzierung von Mikroorganismen, Adsorption) der Tiefenfilterschichten hängen von einer Vielzahl von Parametern ab (Auswahl von Cellulosefasern von Laub- und/oder Nadelbäumen, Menge und Art des anorganischen Materials, Entwässerung, Temperatur, usw.).

Tiefenfilterschichten können in allen geometrischen Formen durch Schneiden oder Wasserstrahlschneiden hergestellt und als Flachschichten in linsenförmigen Filtermodulen, Kapseln oder anderen Produkten eingesetzt werden. 

6.      REINIGUNG UND STERILISATION DER TIEFENFILTERSCHICHTEN

Tiefenfilterschichten müssen vor der ersten Filtration entsprechend den Anweisungen des Herstellers mit Wasser gereinigt werden; die Spüllösung muss danach angemessen, gemäß den geltenden lokalen gesetzlichen  Vorschriften entsorgt werden. Tiefenfilterschichten können mit Heißwasser (85 °C) oder Inline-Dampf (125 °C bis max. 134 °C) sterilisiert werden. Die Spüldauer sollte in beiden Fällen mind. 20 Minuten betragen.

7.      REGENERIERUNG / RÜCKSPÜLUNG

Wenn der maximale Differenzdruck erreicht ist, können die Filterschichten regeneriert werden. Je nach Partikelart kann die Lebensdauer des Filters durch dieses Verfahren verlängert werden.

Zur Regenerierung der Filterschichten werden diese mit kaltem Wasser (15 - 20 °C) in Filtrationsrichtung ca. 5 Minuten und dann mit heißem Wasser (60 - 80 °C) entgegen der Filtrationsrichtung ca. 10 Minuten gespült. Es wird empfohlen, nicht mehr als 5 Regenerationszyklen pro Filterschicht durchzuführen. Aus Gründen der bakteriologischen Sicherheit wird empfohlen, die Filterschicht spätestens 4 Wochen nach der ersten Anwendung auszutauschen.

8.      ENTSORGUNG

Bei der Entsorgung von Tiefenfilterschichten ist die jeweilige länderspezifische Einstufung zu Abfallkategorien zu beachten. Prinzipiell sind gebrauchte Filterschichten biologisch abbaubar [2]. Unter Beachtung der örtlichen Vorschriften können sie als Hausmüll auf Deponien oder durch thermische Verfahren entsorgt werden. Dies setzt voraus, dass die Tiefenfilterschichten während des Filtrationsprozesses nicht mit toxischen Stoffen in Berührung gekommen sind. Dies gilt auch für Tiefenfilterschichten, die in Filtermodulen oder anderen Produkten verwendet werden.

9.      TESTS

Alle Geräte (Tiefenfilterschichten, Filtermodule oder andere Teile und Produkte der Filteranlage), die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, müssen die nachfolgend angegebenen Grenzwerte einhalten.

Bei Verwendung und Handhabung der Tiefenfilterschichten nach den Empfehlungen des Herstellers sollten sich die sensorischen (organoleptischen) Eigenschaften von Most und Wein nicht wahrnehmbar verändern.

Die Grenzwerte wurden nach Beobachtungswerten im Rahmen der Guten Herstellungspraxis festgelegt.

9.1.      Gehalt an Trockensubstanz in wässrigem Extrakt

Die Produkte können als Warm- und Heißwasserfilterpapiere sowie als Filterschichten für Lebensmittel eingesetzt werden.

Die Trockensubstanz wird nach der Vorspülung der Tiefenfilterschicht mit 50 l Wasser/m2 vor der Extraktion anhand der folgenden Methoden bestimmt:

  • Der Gesamtgehalt (Heißwasser) [3] [4]   an extrahierbaren Stoffen beträgt weniger als 10 mg/g. 
  • Der Gesamtgehalt (Kaltwasser)[5]  4 an extrahierbaren Stoffen beträgt weniger als 5 mg/g.
  • Der Gesamtgehalt aller extrahierbaren organischen Stoffe 5 4 beträgt weniger als 2 mg/g.

9.2.      Gehalt an Chlorpropanolen

Der Gehalt an 1,3-Dichlor--propan-2-ol (DCP) und 3-Monochlorpropan-1,2-diol (MCPD) wird nach Vorspülung der Tiefenfilterschicht mit 50 l Wasser/ im anschließenden Heiß-/ Kaltwasserextrakt bestimmt.

Die Quantifizierung von DCP und MCPD[6]  erfolgt nach

  • Abtrennung der Analyten aus dem Wasserextrakt über eine Festphasen-Extraktionssäule. DCP und MCPD werden mit Heptafluorbutyrylimidazol (HFBI) derivatisiert, die Messung wird mittels GC-ECD durchgeführt.

9.2.1.     1,3-Dichlor-propan-2-ol (DCP)

  • Durchführung siehe 9.2
  • Der Gehalt an 1,3-Dichlor-propan-2-ol (DCP) im Heißwasser-/Kaltwasserextrakt muss weniger als 2 µg/l betragen.

9.2.2.     3-Monochlorpropan-1,2-diol (MCPD)

  • Durchführung siehe 9.2
  • Der Gehalt an 3-Monochlorpropan-1,2-diol (MCPD) im Heißwasser-/Kaltwasserextrakt muss weniger als 12 µg/l betragen.

9.3.      Gehalt an löslichen Metallen und Schwermetallen

Der Gehalt an löslichen Metallen und Schwermetallen wird jeweils nach Vorspülung der Tiefenfilterschicht mit 50 l Wasser/ im anschliessenden Extrakt bestimmt. Zur Extraktion wird 5 % Essigsäure p.a. verwendet.

Durchführung der Extraktion

  • Der Filterhalter wird horizontal eingebaut. Zur besseren Entlüftung ist die Filterrichtung von unten nach oben.
  • Volumenfluss V  =  (500 ± 50) L
  • Startvolumen 25 L
  • Das Startvolumen wird konstant im Kreislauf gepumpt, bis 100 L durch die Tiefenfilterschicht geströmt sind (mit V = 500 L ist die Filtrationsdauer genau 12 Minuten)
  • Bei Tropfverlusten werden diese gesammelt und nach der Filtration zum Gesamtvolumen addiert
  • Am Ende der Filtrationszeit ist die Elution beendet. Das Entleeren des Filters mit Druck wird nicht durchgeführt

9.3.1.     Schwermetalle

Die Bestimmung der löslichen Schwermetalle (mg Metall pro kg Tiefenfilterschicht) im Extrakt erfolgt mittels AAS (Flammentechnik/Graphitrohttechnik):

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben
  • Der Gehalt an extrahierbaren Schwermetallen[7]  muss weniger als 50 ppm betragen.

9.3.2.     Eisen

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben.
  • Bestimmung der entsprechenden Kationenkonzentration im Filtrat.
  • Der Eisengehalt wird entsprechend der Methode in Kapitel II des Internationalen Önologischen Kodex bestimmt. 
  • Der Eisengehalt muss weniger als 300 mg/kg betragen.

9.3.3.     Blei

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben.
  • Bestimmung der entsprechenden Kationenkonzentration im Filtrat.
  • Der Bleigehalt wird entsprechend der Methode in Kapitel II des Internationalen Önologischen Kodex bestimmt.
  • Der Bleigehalt muss weniger als 5 mg/kg betragen.

9.3.4.     Quecksilber

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben.
  • Bestimmung der entsprechenden Kationenkonzentration im Filtrat.
  • Der Quecksilbergehalt wird entsprechend der Methode in Kapitel II des Internationalen Önologischen Kodex bestimmt.
  • Der Quecksilbergehalt muss weniger als 1 mg/kg betragen.

9.3.5.     Arsen

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben.
  • Bestimmung der entsprechenden Kationenkonzentration im Filtrat.
  • Der Arsengehalt wird entsprechend der Methode in Kapitel II des Internationalen Önologischen Kodex bestimmt.
  • Der Arsengehalt muss weniger als 3 mg/kg betragen.

9.3.6.     Cadmium

  • Durchführung der Extraktion erfolgt wie unter 9.3 beschrieben.
  • Bestimmung der entsprechenden Kationenkonzentration im Filtrat .
  • Der Cadmiumgehalt wird entsprechend der Methode in Kapitel II des Internationalen Önologischen Kodex bestimmt.
  • Der Cadmiumgehalt muss weniger als 1 mg/kg betragen.

10.    VORSCHRIFTEN

Tiefenfilterschichten, Filtermodule und alle anderen Komponenten und Produkte müssen den Anforderungen für Ausrüstungen entsprechen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.

11.    LAGERUNG

Tiefenfilterschichten bestehen aus stark adsorbierenden Materialien und sind während des Transports und der Lagerung vorsichtig zu handhaben. Tiefenfilterschichten sind in der Originalverpackung an einem trockenen, geruchsfreien und gut belüfteten Ort aufzubewahren und dürfen keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Bei sachgemäßer Lagerung werden die Filterschichten nicht beeinträchtigt. Laut Herstellerangaben sollten Filterschichten innerhalb von 5 Jahren nach dem Kauf verwendet werden.


[1] gemäß deutschem BfR, U.S. FDA, GD 9685 und weiteren Vorschriften für Lebensmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel.

[2] gemäß EN 13432:2000 (Kompostierung und biologischer Abbau).

[3] gemäß EN 647:1993 (Heißwasserextrakt).

[4] gemäß EN 920:2000 EN (Bestimmung des Trockengehaltes in einem wässrigen Extrakt).

[5] gemäß EN 645:1993 (Kaltwasserextrakt).

[6] gemäß nach § 35 LMBG 80.56-2 (LMBG - deutsches Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz).

[7] gemäß Empfehlung XXXVI/1 des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).