Vergleichende Bewertung der Protease-aktivität (Aspergillopepsin I) in enzympräparaten

Status: In Kraft

Vergleichende Bewertung der Protease-aktivität (Aspergillopepsin I) in enzympräparaten

RESOLUTION OIV-OENO 625-2021

VERGLEICHENDE BEWERTUNG DER PROTEASE-AKTIVITÄT (Aspergillopepsin I) IN ENZYMPRÄPARATEN

DIE GENERALVERSAMMLUNG,

GESTÜTZT auf Artikel 2 Absatz 2 b) ii des Übereinkommens vom 3. April 2001 zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein,

GESTÜTZT auf die Arbeiten der Sachverständigengruppe „Spezifikationen önologischer Erzeugnisse“,

GESTÜTZT auf die Resolution [OIV-OENO 541A-2021] „Verwendung von Aspergillopepsin I zur Beseitigung von trübungsbildenden Proteinen in Traubenmost“ und die Resolution [OIV-OENO 541B-2021] „Verwendung von Aspergillopepsin I zur Beseitigung von trübungsbildenden Proteinen in Wein“,

IN DER ERWÄGUNG, dass die Bestimmung nur für den Vergleich der Protease-Aktivität in Enzympräparaten geeignet ist,

BESCHLIESST auf Vorschlag der Kommission II „Önologie“ Kapitel 1 des Internationalen Önologischen Kodex durch die folgende Monographie zu ergänzen:

VERGLEICHENDE BEWERTUNG DER PROTEASE-AKTIVITÄT (ASPERGILLOPEPSIN I) IN ENZYMPRÄPARATEN

1.      URSPRUNG

Enzympräparate, die eine Aspergillopepsin I-Aktivität aufweisen, werden durch kontrollierte Fermentation von Aspergillus spp. und insbesondere von Aspergillus niger gewonnen.

Dieses Enzym wird üblicherweise als Aspergillopepsin I oder Aspergillus Säure-Proteinase (EC 3.4.23.18) bezeichnet.

Proteasen kommen gewöhnlich als Enzymkomplex vor. Sofern nicht anders angegeben, müssen die Spezifikationen der Resolution OIV-OENO 365-2009 den „allgemeinen Spezifikationen von Enzympräparaten“ entsprechen, die im internationalen önologischen Kodex angeführt sind.

Es wird auf Absatz 5 „Enzymquellen und Fermentationsmedien“ der allgemeinen Monographie zu Enzympräparaten verwiesen.

2.      ANWENDUNGSBEREICH

Es wird auf den Internationalen Önologischen Kodex und die Resolutionen OIV-OENO 541A-2021 und OIV-OENO 541B-2021 verwiesen.

Enzympräparate mit Protease-Aktivität (Aspergillopepsin I) können in Most und Wein enthaltene Proteine unter bestimmten Bedingungen der Wärmebehandlung abbauen. Diese Proteine bereiten bei der Klärung und Stabilisierung von Most und Wein große Schwierigkeiten. Proteasen werden daher für die Stabilisierung von proteinreichen Mosten und Weinen eingesetzt.

Proteine in Fertigweinen können mittels SDS-PAGE (siehe Anhang I der vorliegenden Monographie) analysiert werden, um zu prüfen, ob die Behandlung zur Beseitigung der Proteasen (Aspergillopepsin I) und zur Reduzierung des Gehalts an nativen Proteinen geführt hat.

3.      PRINZIP

Das Verfahren dient lediglich der Bestimmung der proteolytischen Aktivität in Enzympräparaten, ausgedrückt als spektrophotometrische saure Protease-Einheiten (SAPU), die z.B. aus Aspergillus niger und Aspergillus oryzae gewonnen werden. Der Versuch basiert auf einer 30- minütigen enzymatischen Hydrolyse eines Casein-Substrats (Hammersten, pH 3,0) bei 37 °C. Nicht hydrolisiertes Substrat wird mit Trichloressigsäure gefällt und durch Filtration entfernt. Die Menge an gelöstem Casein im Filtrat wird spektrophotometrisch bestimmt (Referenz: Food Chemical Codex).

4.      REAGENZIEN UND LÖSUNGEN

4.1.      Casein: Casein nach Hammersten (CAS-Nr. 9000-71-9, z.B. Merck Artikel-Nr. 102242)

4.2.      Glycin/Salzsäure-Puffer (0,05 M): 3,75 g Glycin in etwa 800 mL Wasser lösen. Den pH-Wert (gemessen mit einem pH-Meter) mit 1M Salzsäure auf 3 einstellen. Die Lösung wird quantitativ in einen 1000 mL-Messkolben überführt, mit Wasser zur Marke aufgefüllt und gemischt.  

4.3.      TCA-Lösung: 18,0 g Trichloressigsäure und 11,45 g wasserfreies Natriumacetat in etwa 800 mL Wasser lösen und mit 21,0 mL Eisessig versetzen. Die Lösung wird quantitativ in einen 1000 mL-Messkolben überführt, mit Wasser zur Marke aufgefüllt und gemischt.

4.4.      Substratlösung: 8 ml 1 M Salzsäure in etwa 500 mL Wasser pipettieren und 7,0 g Casein (4.1) (ohne Feuchtigkeit) unter ständigem Rühren in die Lösung einbringen. 30 Minuten im kochenden Wasserbad erhitzen, gelegentlich rühren und auf Raumtemperatur abkühlen lassen. 3,75 g Glycin zugeben und die Lösung mit 0,1 M Salzsäure auf einen pH-Wert von 3,0 einstellen.  Die Lösung wird quantitativ in einen 1000 mL-Messkolben überführt, mit Wasser zur Marke aufgefüllt und gemischt.

5.      PROBENVORBEREITUNG

Die Enzymzubereitung wird gewogen, quantitativ in einen Glasmörser überführt und mi Glycin/Salzsäure-Puffer (4.2) zerrieben.

Das Gemisch wird dann quantitativ in einen Messkolben geeigneter Größe überführt, mit Glycin/Salzsäure-Puffer (4.2) zur Marke aufgefüllt und gemischt.

Die Lösung des Enzympräparats der Probe ist so herzustellen, dass 2 mL der endgültigen Verdünnung eine korrigierte Extinktion des Inkubationsfiltrats bei 275 nm (E wie im Verfahren festgelegt) zwischen 0,200 und 0,500 ergeben. 

6.      DURCHFÜHRUNG

  • 10,0 mL Substratlösung (4.4) in jede Serie von 25 X 150 mm Proberöhrchen geben, wobei zumindest zwei Proberöhrchen vorzusehen sind, eins für die Enzym-Blindprobe und eins für die Substrat-Blindprobe.  
  • Die Röhrchen verschließen und 15 Minuten im Wasserbad äquilibrieren (37 °C ± 0,1° C).
  • Die Stoppuhr auf Null setzen und starten und schnell 2,0 mL Probe in das äquilibrierte Substrat pipettieren.
  • Unter Schwenken mischen und die Röhrchen wieder ins Wasserbad stellen. (Hinweis: Die Röhrchen müssen während der Inkubation verschlossen sein).
  • Die Substrat-Blindprobe mit 2 mL Glycin/Salzsäure-Puffer (anstatt der Probezubereitung) versetzen. - Nach genau 30 Minuten werden zu jeder Enzyminkubation und der Substrat-Blindprobe 10 mL TCA-Lösung (4.3) gegeben, um die Reaktion zu stoppen. (Vorsicht: die TCA-Lösung nicht mit dem Mund ansaugen).
  • Die Enzym-Blindprobe wird in nachstehender Reihenfolge mit 10 mL Substrat-Lösung, 10 mL TCA-Lösung und 2 mL Probezubereitung versetzt.
  • Alle Röhrchen 30 Minuten im Wasserbad erhitzen, so dass das ausgefällte Protein vollständig ausflockt.
  • Nach dem zweiten Erhitzen werden die Röhrchen 5 Minuten im Eiswasserbad gekühlt und durch ein Whatman Filterpapier Nr. 42 (oder gleichwertig) filtriert. Die Filtrate müssen völlig klar sein.
  • Die Extinktion jedes Filtrats wird in einer Küvette mit einer Schichtdicke von 1 cm bei 275 nm mit einem geeigneten Spektrophotometer gegen die Substrat-Blindprobe bestimmt. Jede Extinktion wird durch Abzug der Extinktion der entsprechenden Enzym-Blindprobe korrigiert.

6.1.      Standardkurve

  • 181,2 mg L-Tyrosin für die Chromatographie oder gleichwertig (CAS-Nr. 60-18-4, z.B. Merck Artikel-Nr. 108371), das zuvor bis zur Gewichtskonstanz getrocknet wurde, in einen 1 000 mL-Messkolben überführen,
  •  in 60 mL 0,1 M Salzsäure lösen.
  • Nach vollständiger Auflösung bis zur Marke mit Wasser auffüllen und sorgfältig mischen. Diese Lösung enthält 1,00 μmol Tyrosin in 1,0 mL.
  • Aus dieser Stammlösung Verdünnungen herstellen, um Konzentrationen von 0,10, 0,20, 0,30, 0,40 und 0,50 μmol pro mL zu erhalten.
  • Die Extinktion jeder Verdünnung wird in einer 1 cm-Küvette bei 275 nm gegen die Wasser-Blindprobe bestimmt.
  • Die Extinktion wird gegen μmol Tyrosin pro ml aufgetragen. Es muss sich eine Gerade ergeben
  • Die Steigung und der Schnittpunkt werden wie folgt berechnet. Für die Steigung sollte ein Wert von etwa 1,38 erreicht werden.  Die Steigung und der Schnittpunkt können anhand der Methode der kleinsten Quadrate wie folgt berechnet werden:

dabei sind: n die Zahl der Punkte auf der Standardkurve, M die mol Tyrosin pro ml für jeden Punkt auf der Standardkurve und A die Extinktion der Probe.

6.2.      Berechnung

Eine spektrophotometrische saure Protease-Einheit ist die Aktivität, die 1 μmol Tyrosin pro Minute unter den angegebenen Bedingungen freisetzt. Diese Aktivität wird wie folgt ausgedrückt:

SAPU/g = (A - I) x 22 / (S x 30 x W)

dabei sind:

  • A die korrigierte Extinktion des Enzymfiltrats,
  • I der Schnittpunkt der Standardkurve,
  • 22 die endgültige Menge des Inkubationsgemischs in mL,
  • S die Steigung der Standardkurve,
  • 30 die Inkubationszeit in Minuten
  • W das Gewicht (in g) der Enzymprobe, die in einem 2,0 mL-Aliquoten der Probezubereitung enthalten ist, die dem Inkubationsgemisch zugegeben wird. 

Anhang I: Proteinanalyse mittels SDS-PAGE

1.      PRINZIP

Der Test basiert auf einer geänderten Bradford-Methode (Marchal et al., 1997; Marchal et al., 1996) in Verbindung mit der SDS-PAGE-Elektrophorese.

Die quantitative Bestimmung von Proteinen erfolgt mit einem Bradford-Test anhand einer Ultrafiltration (3 kDa), um die durch Ethanol und phenolische Verbindungen verursachten Interferenzen zu reduzieren (Marchal et al., 1996), und mittels SDS-PAGE (Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamidgelelektrophorese) zur Auftrennung von Proteinen nach ihrem Molekulargewicht (Laemmli, 1970).

2.      DURCHFÜHRUNG

Die Proben (Weine vor der Behandlung, Weine, denen soeben Aspergillopepsin I zugesetzt wurde, Weine nach der Behandlung) werden mit Zentrifugalfiltern, 3 kDa (z.B. Amicon® Ultra-4, Merck Millipore, Irland) bei 4500 g 20 Minuten bei 18 °C ultrafiltriert, und das Ultrafiltrat wird aufgefangen. - - 400 µL ultrareines Wasser werden zu 400 µL Probe (Wein oder Ultrafiltrat) und 200 µL Bradford-Reagenz (Bio-Rad, USA) in eine Semi-Mikroküvette (Schichtdicke 10 mm) gegeben.

Die Lösung wird zweimal gemischt, und die Absorption wird nach 30 Minuten bei 595 nm im Vergleich zu ultrareinem Wasser gemessen.

Zur Bestimmung der Proteinabsorption () wird die Absorption des Ultrafiltrats () aus der Absorption des Weins () abgeleitet:

Eine Standardkurve mit 5 Konzentrationen (0 - 20 mg/L) wird mit BSA (Rinderserumalbumin) nach einer Reaktionszeit von 10 Minuten erstellt. Der Gesamtproteingehalt wird in mg/L BSA-eq. anhand des Durchschnittswerts von 3 Messungen berechnet.

Es werden Polyacrylamidgele verwendet: Sammelgele, 4 % und Trenngele, 13 % (Zusammensetzung siehe Tabelle 1).

Die Proben werden mit Laemmli-Puffer 4X (3 Probenvolumen + 1 Puffervolumen; Bio-Rad, USA) gemischt und mittels SDS-PAGE analysiert. Als Standard werden Marker von 10 bis 250 kDa verwendet: Precision Plus Protein TM Unstained Standards, Bio-Rad, USA. Die Proben werden dreifach analysiert.

Tabelle 1. Zusammensetzung von Sammelgelen und Trenngelen (für 4 Gele)

Zusammensetzung

Trenngel

(13%)

Sammelgel

(4%)

Ultrareines Wasser

6.2 mL

4.88 mL

Bis-Acrylamid (30 %)

8.6 mL

1.04 mL

1,5 M Tris/HCl-Puffer, pH 8,8

5.0 mL

-

0,5 M Tris/HCl-Puffer, pH 6,8

-

2.0 mL

Natriumdodecylsulfat (SDS), 10 %

0.2 mL

80 μL

Ammoniumpersulfat (APS), 10 %

100 μL

40 μL

Tetramethylethylendiamin (TEMED)

20 μL

8 μL

Die Gele werden in eine vertikale Elektrophorese-Apparatur (z.B. Mini-PROTEAN III, Bio-Rad, USA) bei Raumtemperatur eingespannt und mit Coomassie-Blau R250 gefärbt.

Nach Migration werden die Gele mit Silbernitrat bei Raumtemperatur nach Rabilloud (1994) gefärbt (siehe Tabelle 2). 

Tabelle 2 – Protokoll für silbergefärbte SDS-PAGE-Gele

Schritt

Lösung: Endkonzentration

Zeit

Fixierung

Ethanol 99%: 30% (v/v)

Essigsäure: 10 % (v/v)

über Nacht

Sensitivierung

Ethanol 99%: 20% (v/v)

Kaliumacetat: 0,5 M

Kaliumtetrathionat: 3 g/L

Glutaraldehyd 50 %: 1% (v/v)

2 h 30 min

(im Dunklen)

Waschen

Ultrapure water Ultrareines Wasser

3 x 20 min

Färben

Silbernitrat: 2 g/L

Formaldehyd 37 %: 0,7 mL/L

30 min

Washing

Ultrareines Wasser

15 sec

Entwicklung

Kaliumcarbonat: 30 g/L

Formaldehyd 37 %: 0,5 mL/L

Natriumthiosulfat, 5 2,48 g/L: 3,75 mL/L

5 min

Stop

Tris-Puffer: 50 g/L

Essigsäure: 25 mL/L

5 min

3.      ERGEBNISSE

Das Molekulargewicht der Chitinasen und TLP (Thaumatin-ähnliche Proteine) beträgt weniger als 15 kDa und das der Proteasen ca. 40 kDa. Eine visuelle Analyse der Gele ermöglicht eine erste Beobachtung der Restproteine.

Genaue Ergebnisse erhält man nach Digitalisierung der SDS-PAGE-Gele und Auswertung mit einer speziellen Software.

4.      LITERATUR

  1. Marchal R., Seguin V. et Maujean A. Quantification of interferences in the direct measurement of proteins in wines from the Champagne region using the Bradford method. American Journal of Enology and Viticulture, 1997, 48, 303-309.
  2. Marchal R., Bouquelet S. et Maujean A. Purification and partial biochemical characterization of glycoproteins in a Champenois Chardonnay wine. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 1996, 44, 1716-1722.